Die beiden Freunde Max Eisenstein und Martin Schulze haben in San Francisco gemeinsam eine erfolgreiche Kunstgalerie betrieben, bis Martin 1932 mit seiner jungen Familie nach Deutschland zurückkehrt. Der Jude Max Eisenstein führt die Geschäfte in San Francisco alleine weiter und die beiden Männer unterhalten fortan einen intensiven Briefwechsel, der ihre familiäre Freundschaft und ihre liberalen Einstellungen spiegelt. So sprechen sie u . a. auch offen darüber, dass Martin einst eine leidenschaftliche Affäre mit Max Schwester Gisela hatte.
Während Martin Schulze in seiner alten Heimat München mehr und mehr gesellschaftliche Wurzeln schlägt und beginnt, sich mit dem neuen politischen System anzufreunden, macht sich der Jude Max in Amerika zunehmend Sorgen über die Entwicklungen in Deutschland. Er fürchtet vor allem um seine junge Schwester, die mittlerweile als Schauspielerin in Berlin arbeitet.
Eines Tages erhält Eisenstein einen an seine Schwester in Deutschland geschriebenen Brief mit dem Vermerk
zurück: EMPFÄNGER UNBEKANNT – für ihn ein alarmierendes Zeichen.
In größter Sorge um die Schwester bittet er seinen Freund Martin in Deutschland verzweifelt um Hilfe. Tatsächlich wird die junge jüdische Frau von der SA verfolgt und sucht bei Martin Zuflucht. Aber Schulze verweigert ihr Hilfe, weist sie an seiner Tür ab und löst damit ein Drama aus.
Sein ehemaliger Freund Max Eisenstein trifft daraufhin eine Entscheidung, die der Geschichte eine völlig überraschende und unerwartete Wendung gibt …
„Ich habe nie auf weniger Seiten ein größeres Drama gelesen. Diese Geschichte ist meisterhaft, sie ist mit unübertrefflicher Spannung gebaut, in irritierender Kürze, kein Wort zuviel, keines fehlt … Nie wurde das zersetzende Gift des Nationalsozialismus eindringlicher beschrieben.“
ELKE HEIDENREICH, Literaturkritikerin und Schriftstellerin, im Vorwort zu ADDRESS UNKNOWN
Dieses „Letter-Drama“ wurde 1938 erstmals veröffentlicht und erregte sogleich ungeheures Aufsehen. Schon zu diesem frühen Zeitpunkt hat der fiktive Briefwechsel das zersetzende Gift des Nationalsozialismus erzählerisch dargestellt. Die späte Veröffentlichung in Deutschland im Jahre 2000 kam einer literarischen Sensation gleich.
„EMPFÄNGER UNBEKANNT ist ein spannendes Stück Zeitgeschichte und eine zeitlose Parabel. Die Geschichte von Kressmann Taylor zeigt, wie das Gift autoritärer Systeme in Gesellschaften eindringt und welche zerstörerischen Konsequenzen damit verbunden sind.
Dadurch dass die Geschichte in Form eines Briefwechsels erzählt wird, ist man einerseits wie ein stiller Eingeweihter immer sehr dicht und direkt am Geschehen, andererseits werden die Vorgänge und Zusammenhänge durch die Distanz der Form umso klarer sichtbar. Das ist für mich eine Besonderheit und neben seiner Zeitlosigkeit eine große Qualität dieses Stoffes.
Die Geschichte entwickelt eine unausweichliche Spannung, wartet mit einer ebenso überraschenden wie lakonischen Wendung auf und hat an aktueller Relevanz nichts verloren.“
Axel Pape